Für Moritz und Felix
Snoogy Crissmas hatte schlechte Laune. Es war die Nacht vor Weihnachten. Und der Weihnachtself konnte es nicht mehr ertragen: all die bunten Farben. Die Kugeln. Der Geruch nach Zimt. Und all die gute Laune! Bähhh – Snoogy hatte genug.
In dieser Nacht des 23. Dezember fasste Snoogy Crissmas einen Plan. Das Ziel: Weihnachten zerstören. Und der Weihnachtself schritt zur Umsetzung. Er zog sich seine rot-glitzernden Stiefelchen an und stieß die Tür des Elf-Schlafsaals auf. Es war Mitternacht und all die anderen Elfen schliefen. Er kicherte schadenfroh, als er die kalte Nachtluft einatmete.
Rudy schnarchte. Das Chef-Rentier hatte vergessen, in die Rentier-Schlaf-Scheune zu gehen. Sehr anstrengend waren die letzten Nächte gewesen. All die vielen nächtlichen Flüge, um den Kindern die Geschenke zu bringen. Nach dem letzten Flug war er, eingespannt im Schlitten, auf der Stelle eingeschlafen.
„Aufwachen, Rudy“, hörte er eine Stimme. Da saß Snoogy auf dem Schlitten. War schon der nächste Flug fällig? „Wir müssen los!“. Rudy wunderte sich – konnte aber nicht widersprechen. Ein Weihnachtsmann-Rentier musste gehorchen, wenn der bärtige Alte und seine offiziellen Elfen einen Befehl gaben. Also schaltete er seine rote Nase an (so konnte er in der Nacht besser sehen) und hob ab.
Ihr erstes Ziel war ein rotes Backsteinhaus. Aus dem Kamin kam Rauch. Der Schlitten landete. Snoogy lachte diebisch. Er schlich sich zum Haus. Die Tür war nicht abgeschlossen. Kichernd ging er hinein. Hier wohnte eine Familie mit zwei kleinen Kindern, das erkannte er sofort. Und die Geschenke lagen schon unter dem Baum. Weihnachtsmann, Rudy und Co. hatten schon ganze Arbeit geleistet.
Snoogy Crissmas schritt zur Tat. Er packte alle Geschenke aus. Weg mit den ekligen Schleifen. Runter mit dem glänzenden Papier. Dann öffnete er all die Schachteln – und steckte die Inhalte in einen Sack. Spielzeug, Süßigkeiten, Kleider. Alles. Dann steckte sich Snoogy einen Finger in die Nase. Und zog einen langen Popel heraus. „Hm, gute Arbeit“, feixte Snoogy. „Bernsteingelb, so wie er sein muss!“ Er lachte und steckte den Popel in die Schachtel. Dann einen weiteren (diesmal einen grünen!) in die zweite Box. Und dann noch einen braunen, schwarzen und grauen in die weiteren Schachteln. Snoogy verpackte alle Geschenke wieder und räumte sie unter den Weihnachtsbaum. Er lachte laut. Was würden die Kinder für Augen machen, sollten sie am nächsten Tag ihre Geschenke aufpacken.
Doch Snoogy war noch nicht fertig. Er forderte Rudy auf, weiterzufliegen. Kurz darauf landeten sie auf dem Dach eines Hochhauses. Hier im 8. Stock wohnte eine Familie mit drei Kindern. Der Weihnachtself kletterte geschickt vom Dach die Außenwände herunter, bis er ein offenstehendes Fenster erreicht hatte. Schnell hinein.
Auch dort: Geschenke unter dem Weihnachtsbaum. Wieder alles ausgepackt. Und wieder dieses fiese Lachen von Snoogy Crissmas. Doch diesmal keine Popel. Nein. Schlimmer. Snoogy fasste sich ins linke Ohr, rührte mit seinem Zeigefinger in diesem wie mit einem Kochlöffel. Als er seinen Finger wieder herauszog, hatte er ein fettes Stück Ohrenschmalz auf der Fingerkuppe. Ab damit in die erste Geschenkschachtel! Snoogy kicherte. Und das wiederholte sich mehrfach. Bis Snoogys Ohren sauber waren. Und die Geschenkboxen voll. Mit einem leisen „hahahahahaaa“ kletterte Snoogy die Fassade hoch zum auf dem Dach parkenden Schlitten.
Nächste Station. Rudy schnaufte. Er war außer Atem. Diesmal ein kleines Haus an einem Bahnsteig. Ein sehr kleines Haus. Snoogy schlich sich rein. Hier wohnten keine Kinder. Am Tisch eingeschlafen war ein alter Mann. Er lebte hier allein. Keine Geschenke weit und breit. Vor ihm stand eine verschlossene Weinflasche. Der Opa hatte sie sich wohl gekauft, um am Heiligen Abend einen guten Tropfen zu genießen. „Das wird nichts“, flüsterte Snoogy höhnisch. Eilig leerte er den Wein aus, hielt sich die leere Flasche ans Hinterteil – und setzte einen kräftigen Pups ab. Schnell den Korken drauf. Flasche wieder auf den Tisch. Lachend verließ Snoogy das Haus.
Kurze Zeit später war Snoogy wieder im Elfendorf gelandet. Er war müde. Seine Tour der Tücken hatte ihn ermattet. Er stieg vom Schlitten ab. Rudy schnaubte ihn verächtlich an. Er schlurfte rüber zur Schlafhütte. Gerade als er die Tür aufmachen wollte, hörte er ein donnerndes „HALT!“ hinter sich. Oh oh. ER war es. Verflixt.
Der Weihnachtsmann sah gar nicht glücklich aus. Überhaupt nicht. Seine Augen waren zu Schlitzen verengt. Seine weißen Augenbrauen tanzten auf seinem großen Gesicht wie Rasierklingen. Er hatte zwar seine Mütze auf – sonst aber nur einen roten Schlafanzug. Barfuß stand er im Schnee. Neben ihm: Rudy. ‚Die alte Petze‘, dachte Snoogy verächtlich.
„Lass‘ mich erklären…“, setzte Snoogy an. Weiter kam er nicht. Da schwoll ihm die Nase bereits zu. Und er sah, dass der Weihnachtsmann zwischen den Fingern Weihnachtsstaub zerrieb. Die Magie tat ihre Wirkung. In Snoogys Nase wuchs es weiter. Die Popel da drin dehnten sich aus. Bald sahen seine beiden Nasenhälften aus wie zwei Ping-Pong-Bälle. Bälle voller Popel wohlgemerkt.
Doch der Weihnachtsmann war noch nicht fertig. Mit der anderen Hand zerrieb der Weihnachtsmann erneut Zauberstaub. Ohje. Snoogy befürchtete Schlimmes. Da juckte es schon in seinen Ohren. Und der Ohrenschmalz begann zu wachsen. Seine Ohren zuckten wie tanzende Fische. Nach wenigen Sekunden wuchs der Schmalz aus seinen Ohren und setzte sich auf seine Ohrmuscheln wie ein riesiger gelber, schmieriger Kopfhörer. Snoogy sah aus den Augenwinkeln, wie Rudy lachte und dabei seine Nase fortwährend blinkte. Blödes Rentier!
Doch die Wut des weißbärtigen Mannes über das zerstörte Weihnachten war noch nicht verraucht. Den letzten Zauberstaub zerrieb der Weihnachtsmann mit seinem Zeigefinger unter seiner Nase. Sogleich grummelte Snoogys Bauch. Und grummelte. Und blähte sich auf. ‚Oh-oh, die Pups-Magie‘, dachte Snoogy. In Sekunden war Snoogys Bauch aufgebläht. Derart voller Gase wurde Snoogy leichter – und hob ab wie ein Heißluftballon. Er schwebte langsam nach oben. Er war bereits auf der Höhe von Rudys Geweih. Gleich würde er in den Nachthimmel auf und davonfliegen. Da packte ihn etwas an der Stiefelspitze – im letzten Moment.
„Wiedergutmachtung?“ Der Weihnachtsmann schaute ihn fragend an. Und hielt die Stiefelspitze noch etwas fester. Snoogy nickte und schaute reuevoll.
Kurz darauf flogen Snoogy und der Weihnachtsmann erneut durch die Nacht. Sie musste ja all die Popel, den Ohrenschmalz und die Pupse aus den Geschenken entfernen. Damit Weihnachten gerettet werden konnte.
So saßen beide schweigend auf dem Schlitten. Und als der bärtige Alte gerade nicht hinschaute, umspielte ein schelmisches Lächeln Snoogys Mundwinkel. Nächstes Jahr würde wieder Weihnachten sein. Und er hatte schon ein paar richtig gute Ideen.
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